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A man called (E) Sein wirklicher Name ist Mark Oliver Everett. Als Kind hat er mehrere Freunde, die auch Mark heißen. Die Jungs beschließen, einander bei den Initialen ihrer Nachnamen zu rufen. Die Geburtsstunde des "man called (E)", vorerst noch des boy called (E), vor dem eine schwere Kindheit liegt. "Tomorrow I'll be nine, and everything will be the same, tomorrow I'll be nine, it's only gonna be another day, they're always looking at me funny, I'm always doing something wrong, I'm thinkin' it would be better off if I was gone".
Der Enkel des berühmten Physikers Dr. Hugh Everett III, dem Begründer der "many worlds theory" (bekannt aus Star Trek und diversen anderen Science Fiction-Werken), wird weder Autor noch Physiker, wie man es bei seinen Wurzeln hätte annehmen können, sondern bleibt der Richtung treu, die er bereits als Sechsjähriger eingeschlagen hat, als er von seinen Eltern ein Kinder-Schlagzeug-Set erbettelt, das er auf einem Garagen-Verkauf in der Nachbarschaft entdeckt. Später komponiert (E) kleine Liedchen auf dem elterlichen Klavier und auf der Gitarre seiner Schwester Elizabeth, die ihn auch auf Neil Young bringt. Mit 13 gerät (E) in Konflikt mit dem Gesetz, nimmt Drogen, wird verhaftet, fliegt von der Schule. Seine Eltern greifen nicht durch, er kann theoretisch alles tun, was er will, ist aber unglücklich. "Novocaine for the soul, before I sputter out".
Als (E) 19 ist, stirbt sein Vater. Ein Jahr später verläßt er Virginia, wo er musikalisch gesehen nicht weiterkam und geht nach Los Angeles. Dort kennt er niemanden und schlägt sich erstmal mit Gelegenheitsjobs rum (u.a. an Tankstellen), bis er sich als Solo-Künstler durchsetzen kann. Vor der Gründung der Eels, veröffentlicht er zwei Solo-Alben, "Broken toy shop" und "A man called (E)". In "E´s tune" wird sein Alleinsein spürbar: "Sometimes I feel like I'm all alone, most of the time actually I am alone, that's alright, don't give up now I'm almost there, if I had a million bucks it wouldn't matter, 'cause my soul's always climbing a ladder, oh, I know, don't give up know I'm almost there, life's just an ugly mess, the angry souls in such distress, till there is a time when moments can be sweet, and it feels like somone's smiling down on me."
Ein Sonnenstrahl vor dem Hagelsturm: 1995 ist es nämlich so weit, (E) tut sich mit Drummer Butch, aka Jonathan Norton und Bassist Tommy Walters zusammen und sie nehmen gemeinsam "Beautiful freak" auf. Der Name der Gruppe entstand übrigens aus einem Fehler heraus. E hatte in den Plattenläden immer das Privileg genossen, der erste unter dem Buchstaben E zu sein. Das wollte er auch weiterhin bleiben, deshalb wählte er einen Namen mit Doppel-Konsonant am Anfang. Leider weist seine Logik einen kleinen Denkfehler auf, immerhin stehen vor dem "E" ja noch vier weitere Buchstaben im Alphabet. Und so wird man immer zuerst auf "Eagle eye cherry" oder die "Eagles" stoßen, bevor man eine Eels-CD in Händen hält. Das Mädchen mit den Riesenaugen auf dem "Beautiful freak"-Cover, ist dafür der ausgleichende Eye-Catcher. Viele Fans in spe, haben die CD gekauft, weil sie das Cover faszinierte und neugierig machte. Wim Wenders war einer davon und aus seiner Zufallsbegegegnung im Plattenladen wurden später zunächst einige gemeinsame Projekte und schließlich Freundschaft.
1996 wird der Debut-Erfolg der Eels von dem Selbstmord von (E)'s Schwester Elizabeth überschattet. Auch sie hatte Drogenprobleme und bereits mehreren Aufenthalte in Nervenheilanstalten hinter sich."Feeling scared today, write down >I am okay<, a hundred times, the doctors say, I am okay, I am okay, I´m not okay. [...] pink pill feels good, finally understood, take me to your warm embrace, I´m trying, I´m trying." Kurze Zeit später stirbt seine Mutter an Lungenkrebs. (E) zieht sich zurück, beschließt, eine Weile nicht mehr zu schreiben. Nur einmal bricht er diesem Vorsatz in der Zeit, im Stillen, auf Toilettenpapier, kritzelt er den Text, der Jahre später zu "Souljacker part 2" wird: "Souljacker can't get my soul, he can hang my neck from the old flagpole, but the souljacker can't get my soul."
(E) ist ein Stehaufmännchen. Der große Junge mit der dicken Hornbrille (die ein bißchen an Buddy Holly erinnert) und dem zynischen Lächeln begreift, daß er die Musik braucht, um den Verlust seiner Familie zu verarbeiten. Er schreibt wieder Songs und so erscheint 1998 "Electro-shock blues", dessen Cover er selbst gezeichnet hat. Die Vorder- und Rückseite der CD zusammengesetzt ergeben die kindliche Darstellung von einem Jungen, einem Mädchen und einem Hund, die durch den Nachthimmel fliegen, über der stillen Stadt mit einem Großflächentransparent "enjoy eels". "What if I was not your only friend in this world, can you take me where you´re going if you´re never coming back? I´m gonna fly on down for the last stop to this town, I´m gonna fly on down then fly away on my way". Der Titel der CD erscheint manchem Fan der ersten Stunde zu düster und auch der Manager der Gruppe rät (E) davon ab, eine CD mit Titelnamen wie "Elizabeth on the bathroom floor", "Going to your funeral", "My descend into madness" oder "Hospital food" rauszubringen. Der Konflikt beschert den Eels ein neues Management. Auch Tommy verläßt die Band und die Eels machen als Duo weiter. Der Mann, der sich (E) nennt, setzt sich durch, ihm ist es wichtig, genau die Musik zu machen und zu veröffentlichen, die seiner Stimmung entspricht. Er hat keine Lust mehr auf Betäubung: "The medication´s wearing off, it´s gonna hurt not a little, a lot" und obwohl es weh tut, stellt er sich seiner Vergangenheit und seiner Trauer.
"Electro-shock blues" ist nach seiner eigenen Aussage, das positivste Album, das er je machen wird. Positiv, weil er darin zu dem Fazit kommt, daß das Leben nicht selbstverständlich zu nehmen ist und daß man besser heute als morgen anfangen sollte, es zu leben. (E) wühlt in seinen Erinnerungen, betrachtet Ereignisse aus seinen frühen Jahren abwechselnd aus seiner eigenen und der Perspektive von Elizabeth. Der Himmel der gemeinsamen Kindheit hängt bereits voller Vorahnungen: "And I looked up at the sky last night and I thought I saw a bomb and why won’t you just tell me what’s going on? Life is funny but not ha ha funny, peculiar I guess, you think I got it going my way, then why am I such a fuckin’ mess?" In "dead of winter" nimmt er Abschied von seiner Mutter: "so I know you're going pretty soon, radiation sore throat got your tongue, magic markers tattoo you and show it where to aim and strangers break their promises you won't feel any, you won't feel any pain." Gut, daß sich (E)´s Seele noch immer, außerhalb der Reichweite des Souljackers, an der Strickleiter zum Mond hochhangelt.
Aus seiner neuen Einstellung zum Leben, wird ein neues Album, "Daisies of the galaxy", fertiggestellt bereits sechs Monate nach "Electro-shock blues", veröffentlicht im Februar 2000. Die Covergestaltung stammt aus einem alten griechischen Kinderbuch, das (E) im Nachlaß seiner Mutter findet. Kitschige bunte Bilder, spielende Kinder, Vögel und der Esel mit der Träne im Auge, der trotzdem lächelt. "Wake up the dying, don´t wake up the dead, change what you´re saying, don´t change what you said, now that it´s time that I get out of bed." Die Durchsetzung des Schönen im Alltäglichen, ein Gänseblümchen, das selbst Zement sprengen kann, die Abrechnung mit der Werbe-Industrie in "Tiger in my tank"... bis heute dürfen Eels-Songs nicht in der Werbung eingesetzt werden, dafür werden sie immer wieder gerne für Film-Musik verwendet. Außerdem hat sich (E) einen lange gehegten Wunsch erfüllt: er spielt auf dem selben Klavier, das Neil Young auf seinem Album "After the goldrush" gespielt hatte.
Butch hat einen Traum. Die Tour zum Album wird von einem Eels-Orchester begleitet, das eine Ouverture zum besten gibt. (E) findet, daß Butch´s Traum Wirklichkeit werden soll und so kommt es dann auch. Lisa Germano ist eine der Gastmusikerinnen, sie hinterläßt bei den Eels einen so tiefen Eindruck, daß sie zum "Vice President Fruitley" ernannt wird (Butch hat es immerhin zum "Prime Minister Fruitley" gebracht). Und (E) bekommt zwar keinen politischen Titel ab aber er verliebt sich und heiratet eine russische Zahnärztin.
Es vergeht kaum mehr als ein Jahr bis zur nächsten Veröffentlichung. "Souljacker" heißt die aktuelle Scheibe, erschienen im Herbst 2001. Der Titelgeber der CD ist ein Mörder, der behauptete, die Seelen seiner Opfer zu stehlen und dessen Geschichte (E) faszinierte (obgleich sie nicht in den Texten des Albums auftaucht). Es ist aber nicht dieser Mörder, der uns vom Cover des neuen Albums entgegenblickt, ein weißes Hündchen unter den Arm geklemmt, nein, es ist (E) selber, mit ehrfurchteinflößendem Vollbart, dunkler Sonnenbrille und Kaputzenshirt. Neues Outfit, neuer Musikstil - Souljacker rocks our world. Wim Wenders dreht das Video zur ersten Single-Auskopplung "Souljacker part 1" in einem ehemaligen Gefängnis in Ost-Berlin und taucht sogar auf dem Gig in Köln als Special Guest Star auf der Bühne auf. Des weiteren touren der Engländer John Parish (the mad Scientist) und Kool G. Murder diesmal mit. Beide haben auch einige der Songs co-geschrieben. Wahrscheinlich brauchte E einen Ersatz für R.E.M.-Gitarrist Peter Buck, der bei "Electro-shock blues" mitgewirkt hat, mit dem er aber in Zukunft nicht mehr zusammenarbeiten will, da seine Band einfach (E)´s Namen geklaut und in die Mitte ihres eigenen Bandnamens gesetzt hat. Unverschämt! (E)´s neues Outfit hat der geneigte Fan übrigens dem Song "Dog faced boy"zu verdanken, schließlich kann man schlecht über hundsgesichtige Jungen singen, wenn man nicht weiß, wie es sich anfühlt, einer zu sein. Was seine Frau dazu sagt, ist nicht bekannt aber ihr haben wir die Liebeslieder "World of shit" und "What is this note" zu verdanken. "What is this note" ist der letzte Song der Platte und tut gehörig in den Ohren weh. (E) hatte eben mal wieder Lust auf Gegensätze und wollte wissen, wie sich ein kitschiges Liebeslied eben mal anders anhört.
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